Projekte I Integrierte Psychosomatik an der Charité (Berlin)

Wie Personale Medizin an der Charité entstand ...

Von 1992 bis 2009 war ich als Leitender Oberarzt und von 2009 bis 2014 als W3-Stiftungsprofessor für Psychosomatik und medizinische Anthropologie an der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik der Charité tätig. Seit Professor Klapp 1989 an diese Klinik als C4-Professor und klinischer Direktor berufen worden war, verstand und definierte sie sich konsequent im Sinne der Integrierten Psychosomatik. 

Psychosomatik bedeutet eine Medizin, die körperliche wie seelische Aspekte von Krankheit und Gesundheit gleichermaßen berücksichtigt. Körperliche wie seelische Phänomene (Symptome) werden dabei als verschiedene Aspekte und Ausdrucksformen ein und desselben Organismus (und nicht als Wechselwirkungen) verstanden. Integriert nennt man die Psychosomatik, wenn sie sich innerhalb der somatischen Fächer und Disziplinen (und nicht lediglich als Subdisziplin der Psychiatrie) verortet. Ziel einer solchen Psychosomatik ist es, als Einstellung und Haltung innerhalb der Schulmedizin so verbreitet zu sein, dass sie als Fach (das sie nicht ist) und Disziplin überflüssig wird.

Zusammen mit Professor Klapp und einigen sehr engagierten Mitarbeitern entwickelte ich in den über zwei Jahrzehnten meiner Tätigkeit an der Charité die Integrierte Psychosomatik weiter zur Personalen Medizin. Personale Medizin ist Heilkunde von Personen für Personen. Sie ist Schul- und in keinerlei Hinsicht Para- oder Alternativmedizin. Durch bi-perspektivische Simultandiagnostik erfasst sie Patienten als Personen in ihren biomedizinischen wie auch psychosozialen und soziokulturellen Dimensionen; und mittels bi-perspektivischer Simultantherapie behandelt sie Patienten (falls nötig) in möglichst vielen ihrer personalen Qualitäten und Facetten. Dazu zählen Fähigkeiten wie Erinnerung (Vergangenheit), Entwurf (Zukunft), situative Kompetenz (Gegenwart), sprachlicher und nicht-sprachlicher Ausdruck (animal symbolicum - Ernst Cassirer), dialogische Beziehungsgestaltung (Du sagendes Ich - Martin Buber), Werterkennen und Wertrealisierung (Max Scheler, Nicolai Hartmann) sowie Suche nach Sinn und Bedeutung (Erwin Straus). Über die biomedizinischen und psychosozialen Facetten hinaus integriert die Personale Medizin also auch noetische (geistige und kulturelle) Aspekte eines Menschen in den Diagnose- und Therapie-Prozess.